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EAF-10 - Dynamische Tarife für Elektrizität

Dynamische Tarife für Elektrizität

Der Verbraucher oder Erzeuger erhält kurzfristig für bestimmte Zeitfenster variable Tarife durch den Energielieferanten oder Aggregator, der diese über den Messstellenbetreiber durch das iMSys zur Verfügung stellt. Dies sind ereignisvariable Tarife, da sie, anders als bei den zeitvariablen Tarifen, nicht wiederkehrend in bestimmten Zeitfenstern auftreten, sondern einmalig und damit ereignishaft für ein bestimmtes Zeitfenster gesetzt werden. Der Verbraucher oder Erzeuger kann auf diese ereignisvariablen Tarife reagieren, wenn er über flexible Verbrauchs-, Erzeugungs- oder Speicheranlagen verfügt, und somit seine Energiekosten optimieren. Neben dem Anzeigen der Tarifereignisse wird durch Zusammenspiel von iMSys und Backend auch die zeitaufgelöste und transparente Abrechnung sichergestellt.

Energieanwendungsfall (EAF) 10 in der Fassung vom November 2021

Mit dem GrünstromIndex  ist es möglich, einen ereignisvariablen Tarif anzubieten, welcher sich an der Verfügbarkeit von regionaler Ökostromerzeugung orientiert oder an dem Erzeugungsportfolio eines Lieferanten/Aggregators. 

Nutzen und Bezug zu energiewenderelevanten Zielen

Mithilfe der am iMSys angebundenen technischen Einrichtungen und durch Reaktion auf die vom iMSys bereitgestellten Tarifereignisse (TAF 5) können die Energiekosten des Letztverbrauchers reduziert werden. Der Lieferant oder Aggregator kann über entsprechend ausgestaltete ereignisvariable Tarife Beschaffung und Verbrauch optimieren

Der GrünstromIndex erweitert das bestehende Anwendungsgebiet der Dekarbonisierung der Stromwirtschaft um den Faktor der Energiekostenoptimierung und bietet einen Mehrwert für vorhandene und entstehende iMSys Installationen bei Letztverbrauchern.

TAF 5: Ereignisvariable Tarife

Ereignisabhängiger Stromtarif in definierten Tarifstufen, wobei die Ereignisse direkt vom Smart Meter Gateway (intern) oder durch einen externen berechtigten Akteur hervorgerufen werden. Bei der Nutzung des GrünstromIndex werden die stündlichen Prognosen als Ereignis herangezogen, wobei die eigentliche Hervorrufung sowohl im SmGW als auch durch einen externen Akteur erfolgen kann. Mögliche externe Akteure sind hier die Energie Service Anbieter oder Anbieter von Mehrwertdiensten. Bei der technischen Umsetzung werden die unter Digitale Signaturen - Dynamische Stromtarife mit dem GrünstromIndex beschriebenen Verfahren genutzt, um eine sichere dezentrale Verarbeitung zum Beispiel innerhalb eines Heim-Energie-Mangement-Systems (HEMS) zu ermöglichen.

Umsetzung TAF 5

Die Definition des Tarifanwendungsfalls 5 sieht Tarifstufen vor, die durch ein Ereignis ausgelöst werden. Dies setzt voraus, dass ein Standardtarif gilt, sobald kein Ereignis zum Zeitpunkt des Strombezugs vorliegt. Über das Vorliegen eines Ereignisses muss zwischen allen beteiligten Akteuren (Stromnutzer, Netzbetreiber, Messstellenbetreiber, Energie Service Anbieter, Lieferant) eine Einigkeit (Konsens) bestehen. Erreicht wird dies unter Zuhilfenahme der digitalen Signaturen aus der Prognose. Das Vorhandensein eines Ereignisses muss mit zeitlichem Vorlauf zum Zeitpunkt des Strombezuges angezeigt werden (Beispiel: mindestens 120 Minuten ex ante). Eine nachträgliche (ex post) Meldung eines Ereignisses durch einen der beteiligten Akteure ist zu verhindern.

Im Datensatz des GrünstromIndex existiert zur Herbeiführung eines Konsenses einige Sicherungsmechanismen. Als Indikator für das Vorliegen eines Ereignisses wird forecast[x] aus der Datenreihe genutzt:

Relevante kryptographische Sicherungselemente für TAF 5
forecast[0].{
  	  // ... weitere Felder  
      "gsi": 25.65,
      "timeframe": {
        "start": 1670551200000,
        "end": 1670554800000
      },
      "iat": 1670556099482,
      "signature": "0x64f0091f0a4c9ef470efd3b1eeb5b2fdb93747f07817241e86a3df2badde36376cb9f831d061752ffe44ba012165eed753bcb377868ed00c5d44b8bdc037ffdd1c"
  	  // ... weitere Felder 
}

Das Feld timeframe  definiert den Zeitrahmen, in dem das Ereignis vorliegt. Das Feld iat ist der Zeitpunkt, zu dem die Meldung erstellt wurde (hier der Indexwert von 25.65 im Feld gsi) . Der Wert iat darf nicht jünger als 120 Minuten zum Zeitpunkt des Strombezuges sein, damit die Regel für den zeitlichen Vorlauf gewahrt bleibt.

Kann einer der beteiligten Akteure einen forecast[x] vorlegen, bei der eine gültige digitale Signatur besteht, so gilt die entsprechende Tarifstufe. Legen mehre Akteure gültige forecast[x] Werte vor, so wird zur Abrechnung (Prozessschritt des Clearing) die Vorhersage verwendet, welche das Kriterium des zeitlichen Vorlaufs erfüllt und am jüngsten ist (höchster Wert in iat).

Zuordnung von Tarifstufen

Der GrünstromIndex (Feld forecast[x].gsi) kann Werte zwischen 0 und 100 annehmen. Dies ermöglicht in der Theorie mehr als 100 Tarifstufen, was in der Praxis wenig praktikabel ist und sich auch nur schwer mit anderen Mechanismen, wie ein reduziertes Netzentgelt für steuerbare Verbrauchseinrichtungen (SteuVE), kombinieren lässt.  Abgeleitet von den Zustandsklassen im Netzbetrieb wird daher empfohlen, mit drei verschiedenen Tarifstufen zu arbeiten, deren Bezeichnungen an den Ampelfarben (rot, gelb, grün) angelehnt sind:

Tarifstufe GSI Wert Bezeichnung (Farbe) OBIS Code
0*) - - 1.8.0
1 (Standard) <40 Rot 1.8.1
40-60 Gelb 1.8.2
3 >60 Grün 1.8.3

*) - Zur Vollständigkeit und Rückwärtskompatibilität ("tariflose Messung").

Die hier aufgeführte exemplarische Zuordnung zu OBIS-Codes orientiert sich an der EDI@Energy Codeliste der OBIS-Kennzahlen und Medien vom 01.04.2021.

Anforderungen an den Messstellenbetreiber

Es ist wünschenswert, dass der Messdienstleister bereits die Tarifierung vornimmt. Bei bestehenden Netzanschlusspunkten, bei denen kein intelligentes Messsystem (iMSys) verbaut ist, kann EAF10/TAF5 so nicht umgesetzt werden. In diesen Fällen besteht allerdings die Möglichkeit, dass zwischen Stromnutzer und Lieferanten ein Energie-Service-Anbieter (ESA) geschaltet wird. Dieser übernimmt die Aufgabe, das Clearing (Abrechnung) vorzubereiten, indem ein Konsens über die relevanten Ereignisse für die Auslösung der Tarifstufen abgrenzungsscharf hergestellt wird. Unterstützt der Messstellenbetreiber keine Aufteilung nach Tarifstufen auf Basis von externen Ereignissen, so ist in diesem Falle ebenfalls ein ESA erforderlich.

Soll die Umsetzung durch interne Verarbeitung von Tarifereignissen direkt im SMGW erfolgen, so ist zwingend eine Implementierung durch den Messstellenbetreiber notwendig.   

Anforderungen an den Lieferanten

Die Ausgestaltung des eigentlichen dynamischen Strom-Produktes obliegt dem Lieferanten. Dieser hat die tariflichen Implikationen entsprechend der Stufen festzulegen und vertraglich die Rahmenbedingungen mit dem Stromnutzer (Kunde) zu vereinbaren. Bei überregional agierenden Lieferanten sollte zusätzlich ein angepasster GrünstromIndex genutzt werden, welcher seine Berechnung an der tatsächlichen Eindeckung des Lieferanten ausgerichtet ist. Es können zum Beispiel die Anlagen aus einem festen Erzeugungsportfolio oder über Power-Purchase-Agreements (PPA) gebundene Erzeuger als Grundlage verwendet werden. 

Erfolgt die Nutzung eines individuellen GrünstromIndex, so muss der Lieferant diesen im Vertrag mit dem Stromkunden offenlegen. Die generelle Umsetzung weicht jedoch nicht vom Standard ab.

Zur Daten zur Verbrauchsabrechnung erhält der Lieferant wie bisher über die Marktkommunikation (MaKo) durch den Messstellenbetreiber oder den Energie-Service-Anbieter.  Eine dedizierte Anpassung des Prozesses der Rechnungsstellung ist bei der Verwendung des GrünstromIndex für die Realisierung eines dynamischen Tarifes (TAF5) nicht notwendig.