Förderung von Stromspeichern und Ladepunkten
Förderung von Stromspeichern und Ladepunkten: Die Notwendigkeit neuer Regeln zur Integration in die Energielandschaft
Die Transformation des Energiesystems hin zu einer dezentralen, erneuerbaren und klimaneutralen Versorgung stellt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit dar. Im Zentrum dieser Entwicklung stehen die Integration volatiler erneuerbarer Energien sowie die Elektrifizierung des Verkehrs. Stromspeicher und Ladepunkte für Elektrofahrzeuge sind hierbei nicht nur passive Elemente, sondern aktive Gestalter eines intelligenten und resilienten Energiesystems. Ihre umfassende und effiziente Integration erfordert jedoch eine grundlegende Überarbeitung und Neuausrichtung des bestehenden regulatorischen Rahmens. Die aktuellen Regelwerke sind oft noch auf ein zentralisiertes, von fossilen Energieträgern dominiertes System zugeschnitten und hemmen die Entfaltung des vollen Potenzials dieser Schlüsseltechnologien. Dieser Abschnitt beleuchtet die Notwendigkeit neuer Regeln zur Förderung und Integration von Stromspeichern und Ladepunkten, um die Energiewende erfolgreich zu gestalten und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Die Rolle von Stromspeichern in der Energiewende
Stromspeicher sind unverzichtbar für die Stabilisierung und Flexibilisierung des Stromnetzes in einem System mit hohem Anteil an erneuerbaren Energien. Wind- und Solarenergie sind naturgemäß fluktuierend und wetterabhängig, was zu Schwankungen in der Stromerzeugung führt. Ohne adäquate Speicherkapazitäten können diese Schwankungen die Netzstabilität gefährden und erfordern oft den Einsatz teurer und emissionsintensiver Reservekraftwerke. Stromspeicher, von Hausspeichern bis hin zu Großbatterien, ermöglichen es, überschüssigen Strom zu speichern und bei Bedarf wieder ins Netz einzuspeisen, wodurch Angebot und Nachfrage besser aufeinander abgestimmt werden können.
Die Anwendungsfelder von Stromspeichern sind vielfältig: Sie reichen von der Erhöhung des Eigenverbrauchs von Photovoltaikanlagen in Haushalten und Gewerbebetrieben über die Bereitstellung von Systemdienstleistungen wie Frequenz- und Spannungshaltung bis hin zur Engpassbeseitigung im Übertragungs- und Verteilnetz. Eine aktuelle Studie der HTW Berlin unterstreicht die wachsende Bedeutung und die technologische Reife von Heimspeichersystemen, deren Effizienz und Leistung kontinuierlich verbessert werden [^1]. Diese Entwicklung zeigt das immense Potenzial, das in der breiten Anwendung von Speichern liegt.
Trotz der offensichtlichen Vorteile stoßen Investitionen in Stromspeicher auf regulatorische und wirtschaftliche Hürden. Oftmals werden Speicher noch als "Endverbraucher" oder "Erzeuger" eingestuft, was zu einer Doppelbelastung mit Abgaben und Umlagen führen kann, wenn der gespeicherte Strom zu einem späteren Zeitpunkt wieder entnommen wird. Dies verzerrt die Wirtschaftlichkeit und behindert den Ausbau. Darüber hinaus sind die Mechanismen zur Vergütung von Netzdienstleistungen, die Speicher erbringen können, oft unzureichend oder zu komplex, um einen fairen Marktzugang zu ermöglichen. Der BDEW betont die Notwendigkeit, "steuerbare Kraftwerke" zuzubauen und die Finanzierung sicherzustellen, um die Stromkosten zu dämpfen und die Energiewende weiterzuentwickeln [^3]. Stromspeicher können diese Rolle als "steuerbare Einheiten" hervorragend übernehmen, vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen werden entsprechend angepasst. Siehe auch: Kapitel 4, "Wirtschaftlichkeit von Energiespeichersystemen"
Die Bedeutung von Ladepunkten für Elektromobilität und Netzintegration
Die Elektromobilität ist ein zentraler Pfeiler der Verkehrswende und trägt maßgeblich zur Reduktion von Treibhausgasemissionen bei. Mit der steigenden Anzahl von Elektrofahrzeugen (EVs) wächst auch der Bedarf an Ladeinfrastruktur exponentiell. Ladepunkte sind jedoch nicht nur bloße Stromabnehmer; sie haben das Potenzial, als flexible Lasten aktiv zur Netzstabilität beizutragen. Intelligentes Laden (Smart Charging) ermöglicht es, Ladevorgänge zeitlich zu steuern und an die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien sowie die Netzauslastung anzupassen. Noch einen Schritt weiter geht die Vehicle-to-Grid (V2G)-Technologie, bei der Elektrofahrzeuge nicht nur Strom aufnehmen, sondern bei Bedarf auch wieder ins Netz zurückspeisen können. Dadurch werden sie zu mobilen Speichern, die Systemdienstleistungen erbringen und die Integration erneuerbarer Energien weiter verbessern können.
Die Herausforderungen bei der Integration von Ladepunkten sind vielfältig. Dazu gehören der massive Ausbau der Ladeinfrastruktur, die Sicherstellung der Interoperabilität verschiedener Systeme, die Standardisierung von Kommunikationsprotokollen sowie die Integration in die lokalen und regionalen Stromnetze. Eine ungesteuerte Zunahme von Ladevorgängen, insbesondere zu Spitzenlastzeiten, könnte ohne adäquate Steuerung zu lokalen Netzüberlastungen führen. Daher sind Regelungen unerlässlich, die nicht nur den Ausbau der Ladeinfrastruktur fördern, sondern auch Anreize für smartes und netzdienliches Laden schaffen.
Synergien zwischen Stromspeichern und Ladepunkten
Stromspeicher und Ladepunkte sind keine isolierten Technologien, sondern können in einem integrierten System erhebliche Synergien entfalten. Ein intelligentes Energiemanagement in Haushalten oder Gewerbebetrieben kann beispielsweise die Eigenverbrauchsquote von Solarstrom durch die Kombination von Batteriespeichern und der Ladung von Elektrofahrzeugen maximieren. Überschüssiger Solarstrom kann entweder im stationären Speicher vorgehalten oder direkt zum Laden des E-Fahrzeugs genutzt werden. Bei geringer Solarstromproduktion oder hoher Netzauslastung kann der Ladevorgang verzögert werden.
Auf größerer Ebene können aggregierte stationäre Speicher und V2G-fähige Elektrofahrzeuge als virtuelle Kraftwerke agieren. Sie können gemeinsam Systemdienstleistungen anbieten, Engpässe im Netz managen oder zur Reduktion von Lastspitzen beitragen. Diese Sektorkopplung zwischen Stromwirtschaft und Verkehrssektor ist essenziell, um die Effizienz des gesamten Energiesystems zu steigern und die Kosten der Energiewende zu optimieren. Kommunale Unternehmen spielen hierbei eine wichtige Rolle, da sie oft sowohl die Netzinfrastruktur als auch die Ladeinfrastruktur betreiben und somit prädestiniert sind, solche integrierten Lösungen zu entwickeln und umzusetzen [^2].
Aktueller Regulierungsrahmen und Defizite
Der bestehende Regulierungsrahmen in Deutschland, insbesondere das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), wurde primär für ein konventionelles, zentralisiertes Energiesystem konzipiert. Obwohl Anpassungen vorgenommen wurden, hinkt er der rasanten technologischen Entwicklung und den Anforderungen einer dezentralisierten Energiewelt hinterher. Ein Beispiel hierfür ist § 14a EnWG, der die Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen durch Netzbetreiber regelt und darauf abzielt, eine Überlastung der Netze zu vermeiden und die Netzstabilität zu gewährleisten [^5]. Während diese Regelung grundsätzlich die Bedeutung flexibler Lasten anerkennt, sind die praktischen Ausgestaltungen und Anreize für netzdienliches Verhalten oft noch unzureichend.
Defizite bestehen insbesondere in folgenden Bereichen:
- Doppelbelastung: Wie bereits erwähnt, werden Stromspeicher oft in einer Weise reguliert, die zu einer doppelten Erhebung von Netzentgelten, Abgaben und Umlagen führt, wenn Strom aus dem Netz bezogen, gespeichert und später wieder ins Netz eingespeist wird. Dies mindert die Attraktivität von Speicherinvestitionen erheblich.
- Mangelnde Marktintegration: Speicher und flexible Ladepunkte können vielfältige Systemdienstleistungen erbringen, von Primärregelleistung bis zur Redispatch-Optimierung. Der Zugang zu diesen Märkten ist jedoch oft komplex, die Vergütungsmechanismen sind nicht immer transparent oder spiegeln den tatsächlichen Wert der Leistung wider.
- Fehlende Anreize für Smart Charging und V2G: Es gibt derzeit nur begrenzte Anreize für Verbraucher und Unternehmen, intelligente Ladelösungen zu implementieren oder V2G-Technologien zu nutzen. Die Vorteile für das System werden nicht ausreichend monetarisiert.
- Planungsunsicherheit: Die sich ständig ändernden regulatorischen Bedingungen und die fehlende langfristige Perspektive schaffen Unsicherheit für Investoren und bremsen den Ausbau von Speichern und Ladeinfrastruktur. Die "Wachstumsinitiative" der Bundesregierung wird vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) teilweise kritisch betrachtet, da einige Maßnahmen zur Energieversorgung als unzureichend oder sogar kontraproduktiv empfunden werden [^7].
- Komplexität der Genehmigungsverfahren: Die Genehmigungsprozesse für größere Speicherprojekte können langwierig und bürokratisch sein, was den Rollout verzögert.
Vorschläge für neue Regeln und Fördermaßnahmen
Um die Potenziale von Stromspeichern und Ladepunkten voll auszuschöpfen, sind umfassende und kohärente neue Regeln sowie zielgerichtete Fördermaßnahmen unerlässlich. Ein Paradigmenwechsel in der Regulierung ist erforderlich, der die Multi-Service-Fähigkeit dieser Technologien anerkennt und honoriert.
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Entfernung von Marktzutrittsbarrieren und Doppelbelastungen für Speicher:
- Klare Definition und Entlastung: Eine eindeutige Definition von Stromspeichern als eigenständige Marktteilnehmer im EnWG ist notwendig. Strom, der aus dem Netz entnommen, gespeichert und wieder eingespeist wird, darf nicht erneut mit Netzentgelten, Umlagen und Abgaben belastet werden. Dies würde die Wirtschaftlichkeit von Speichern signifikant verbessern.
- Marktzugang für Systemdienstleistungen: Vereinfachter und transparenter Zugang zu allen relevanten Märkten für Systemdienstleistungen (z.B. Regelenergie, Blindleistung) mit fairen und technologieoffenen Vergütungsmechanismen.
- Förderung netzdienlicher Speicher: Gezielte Förderprogramme für Speicher, die explizit zur Netzstabilisierung, zur Engpassbeseitigung oder zur Aufnahme von Überschussstrom aus erneuerbaren Energien beitragen.
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Förderung von Smart Charging und V2G:
- Regularien für intelligentes Laden: Eine Verpflichtung oder starke Anreize für die Installation von intelligenten Ladepunkten in Neubauten und bei größeren Sanierungen.
- Tarifmodelle und Anreize: Einführung von dynamischen Stromtarifen, die netzdienliches Laden zu Zeiten hoher erneuerbarer Stromproduktion oder geringer Netzauslastung finanziell belohnen.
- V2G-Ready-Infrastruktur: Förderung der Entwicklung und des Einsatzes von V2G-fähigen Ladepunkten und Elektrofahrzeugen durch Pilotprojekte und finanzielle Anreize für private und gewerbliche Nutzer.
- Standardisierung und Interoperabilität: Stärkere Standardisierung von Kommunikationsprotokollen (z.B. ISO 15118) und Schnittstellen, um die Interoperabilität von EVs, Ladepunkten und Energiemanagementsystemen zu gewährleisten.
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Integrierte Netzplanung und -steuerung:
- Berücksichtigung von Flexibilität: Die Netzplanung muss zukünftig nicht nur den Ausbau von Leitungen, sondern auch die Potenziale von Speichern und flexiblen Lasten (inkl. EVs) als integralen Bestandteil der Netzausbauplanung berücksichtigen.
- Digitale Infrastruktur: Investitionen in eine robuste digitale Kommunikationsinfrastruktur sind erforderlich, um eine Echtzeit-Steuerung und -Optimierung von Speichern und Ladepunkten zu ermöglichen.
- Sektorkopplungsstrategien: Entwicklung von kohärenten Strategien, die die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr durch den Einsatz von Speichern und flexiblen Lasten fördern.
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Vereinfachung von Genehmigungsverfahren und rechtlicher Klarheit:
- Beschleunigte Genehmigungsprozesse: Straffung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für den Bau und Betrieb von Speichern und Ladeinfrastruktur, insbesondere für Projekte von öffentlichem Interesse.
- Rechtssicherheit: Schaffung eines stabilen und langfristig planbaren Rechtsrahmens, der Investitionssicherheit bietet und Innovationsanreize setzt.
Schlussfolgerung
Die Energiewende ist ohne eine umfassende Integration und Förderung von Stromspeichern und Ladepunkten nicht denkbar. Diese Technologien sind die Eckpfeiler eines zukünftigen resilienten, flexiblen und klimaneutralen Energiesystems. Die aktuellen regulatorischen Rahmenbedingungen sind jedoch unzureichend und stellen oft eher Hürden als Förderinstrumente dar. Es ist höchste Zeit für mutige und weitsichtige politische Entscheidungen, die einen kohärenten und zukunftsfähigen Rechtsrahmen schaffen. Nur durch die Entfernung von Doppelbelastungen, die Schaffung fairer Marktbedingungen, die Implementierung von Anreizen für netzdienliches Verhalten und eine integrierte Planung kann das volle Potenzial dieser Schlüsseltechnologien ausgeschöpft werden. Die Notwendigkeit neuer Regeln ist nicht nur eine technische, sondern eine dringende gesellschaftliche und wirtschaftliche Imperative, um die Klimaziele zu erreichen, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und Deutschland als Vorreiter in der Energiewende zu positionieren.
Quellenverzeichnis
[^1]: Weniger, J., Orth, N., Meissner, L., Schlüter, C., & von Rautenkranz, J. (2024). Stromspeicher-Inspektion 2024. Forschungsgruppe Solarspeichersysteme, Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin. Version 1.0 (Januar 2024). solar.htw-berlin.de. [^2]: Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU). (o.J.). Veröffentlichung seiner Stellungnahme (im Internet) einschließlich der personenbezogenen Daten einverstanden. Invalidenstraße 91, 10115 Berlin. www.vku.de. [^3]: BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (2024, 18. Dezember). Energiewende in 2025 weiterentwickeln: Steuerbare Kraftwerke zubauen, Finanzierung sicherstellen, Stromkosten dämpfen. Presseinformationen. [^5]: o.A. (o.J.). Wissenswertes zu § 14a EnWG, Vorteile der Neuerungen für Anlagenbetreibende, Wissenswertes für Installateurinnen. [^7]: Verband kommunaler Unternehmen e.V. (VKU). (2024, 1. August). Wachstumsinitiative der Bundesregierung Licht und Schatten für die kommunale Energiewirtschaft.