Inflationsbereinigung: VPI und Xgen-Anwendung auf OPEX
Inflationsbereinigung: VPI und Xgen-Anwendung auf OPEX
Die präzise und konsistente Behandlung von Inflation in der Kostenrechnung und -prognose, insbesondere im Kontext regulierter Industrien, ist von fundamentaler Bedeutung für die Gewährleistung von Kostentransparenz, Investitionssicherheit und fairen Preisen für Endverbraucher. Eine zentrale Herausforderung stellt dabei die Vermeidung einer doppelten Inflationierung dar, die entstehen kann, wenn unterschiedliche Mechanismen zur Inflationsanpassung – wie der Verbraucherpreisindex (VPI) und der Xgen-Faktor – ohne klare Abgrenzung auf dieselben Kostenbestandteile angewendet werden. Diese Seite widmet sich einer detaillierten Methodik zur Vermeidung dieses Phänomens durch eine zielgerichtete Anwendung von VPI und Xgen ausschließlich auf operative Ausgaben (OPEX).
1. Einleitung: Die Problematik der Inflationsbereinigung in regulierten Märkten
In regulierten Sektoren, wie der Energie- oder Telekommunikationswirtschaft, unterliegen Unternehmen spezifischen Kostenprüfungs- und Preisfestsetzungsmechanismen. Diese Mechanismen sollen sicherstellen, dass die Unternehmen die notwendigen Kosten zur Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Infrastruktur decken können, gleichzeitig aber auch Anreize für Effizienzsteigerungen gesetzt werden und die Endverbraucher vor überhöhten Preisen geschützt sind [^1]. Ein kritischer Aspekt dieser Regulierung ist die korrekte Berücksichtigung der Inflation. Inflation führt dazu, dass die Kaufkraft des Geldes sinkt und somit zukünftige Kosten in nominalen Werten höher ausfallen als in realen Werten. Eine Anpassung der Kosten um die Inflationsrate ist daher unerlässlich, um die reale Ertragskraft der Unternehmen zu erhalten und Investitionen zu ermöglichen.
Die Herausforderung besteht darin, dass in diesen Systemen oft zwei unterschiedliche Instrumente zur Kostenanpassung existieren: der VPI und der Xgen-Faktor. Während der VPI primär die allgemeine Preisentwicklung für Konsumgüter und Dienstleistungen abbildet und zur Kompensation realer Kostensteigerungen dient, ist der Xgen-Faktor ein regulierungsspezifisches Instrument, das Effizienzauflagen abbildet und die Unternehmen zu Kostensenkungen anhalten soll. Eine unsachgemäße Anwendung dieser Faktoren kann jedoch zu einer „doppelten Inflationierung“ führen, bei der Kostenbestandteile sowohl durch den VPI als auch implizit durch den Xgen-Faktor angepasst werden, was die Kostenstrukturen verzerrt und die regulatorischen Ziele untergräbt [^2].
Diese Methodik konzentriert sich auf die Anwendung dieser Anpassungsmechanismen auf operative Ausgaben (OPEX), da diese im Gegensatz zu Investitionsausgaben (CAPEX) in der Regel die direkten Kosten des laufenden Betriebs widerspiegeln und somit unmittelbar von Preisänderungen und Effizienzauflagen betroffen sind. Eine klare Abgrenzung der Anwendungsbereiche ist hierbei entscheidend, um die angestrebte Transparenz und Fairness zu gewährleisten.
2. Grundlagen der Inflationsbereinigung: VPI und Xgen
Um die Problematik der doppelten Inflationierung zu verstehen und geeignete Vermeidungsstrategien zu entwickeln, ist ein fundiertes Verständnis der beiden zentralen Instrumente – des Verbraucherpreisindex (VPI) und des Xgen-Faktors – unerlässlich.
2.1. Der Verbraucherpreisindex (VPI) als Referenzgröße
Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein makroökonomischer Indikator, der die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen misst, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden [^3]. In Deutschland wird der VPI vom Statistischen Bundesamt berechnet und veröffentlicht. Er dient als zentrales Maß für die Inflation und deflationäre Tendenzen.
- Definition und Berechnung: Der VPI wird als gewichteter Durchschnitt der Preisänderungen eines repräsentativen Warenkorbs berechnet. Dieser Warenkorb umfasst eine Vielzahl von Gütern und Dienstleistungen, deren Gewichtung die Ausgabenstruktur der Haushalte widerspiegelt. Die Preisänderungen werden monatlich erfasst und in Relation zu einem Basisjahr gesetzt.
- Anwendungsbereiche: Der VPI findet breite Anwendung in Wirtschaft und Gesellschaft. Er dient als Grundlage für Lohnverhandlungen, Rentenanpassungen, Wertsicherungsklauseln in Verträgen und als Indikator für die Geldpolitik der Zentralbanken. Im Kontext der Kostenregulierung wird der VPI verwendet, um die nominalen Kosten der Unternehmen an die allgemeine Preisentwicklung anzupassen und somit die reale Kaufkraft der Erlöse zu sichern. Dies betrifft insbesondere jene OPEX-Bestandteile, die extern beschafft werden und deren Preisentwicklung eng an die allgemeine Inflation gekoppelt ist (z.B. Materialkosten, Energiekosten ohne eigene Effizienzkomponente).
- Limitationen: Obwohl der VPI ein weit verbreitetes und anerkanntes Instrument ist, weist er Limitationen auf. Er bildet die allgemeine Konsumenteninflation ab und spiegelt nicht zwangsläufig die spezifische Kostenentwicklung einzelner Branchen wider. Branchenspezifische Input-Preisindizes könnten hier präziser sein, sind aber oft nicht verfügbar oder aufwendiger zu erheben. Dennoch bleibt der VPI aufgrund seiner Verfügbarkeit und Akzeptanz ein Standardinstrument.
2.2. Der Xgen-Faktor: Effizienzsteuerung in der Regulierung
Der Xgen-Faktor, oft auch als Produktivitätsfaktor oder Effizienzfaktor bezeichnet, ist ein spezifisches Instrument der Anreizregulierung, das in verschiedenen regulierten Industrien, insbesondere im Infrastrukturbereich, eingesetzt wird. Sein primäres Ziel ist es, Unternehmen Anreize zu Effizienzsteigerungen zu geben und die Weitergabe von Produktivitätsgewinnen an die Endverbraucher zu gewährleisten.
- Konzept und Zielsetzung: Der Xgen-Faktor wird von der Regulierungsbehörde festgelegt und ist ein prozentualer Abzug von den jährlich anzupassenden Kosten oder Erlösen. Er basiert in der Regel auf der Annahme, dass regulierte Unternehmen langfristig Effizienzsteigerungen erzielen können, die über die allgemeine Produktivitätsentwicklung der Gesamtwirtschaft hinausgehen oder zumindest deren branchenneutralen Anteil abbilden. Der Faktor zwingt die Unternehmen, ihre Kosten pro Einheit zu senken, um die gleiche reale Ertragsbasis zu erhalten.
- Regulatorischer Kontext: In Deutschland wird der Xgen-Faktor beispielsweise in der Strom- und Gasnetzentgeltregulierung angewendet. Die Bundesnetzagentur legt diesen Faktor im Rahmen von Festlegungsverfahren fest, die auf umfassenden Analysen der Branchenproduktivität und Effizienzpotenziale basieren [^4]. Die Konsultation zu solchen Festlegungsentwürfen, wie sie die Bundesnetzagentur regelmäßig durchführt, unterstreicht die Komplexität und die Notwendigkeit einer fundierten Datengrundlage für die Bestimmung dieses Faktors [^5].
- Abgrenzung zum VPI: Im Gegensatz zum VPI, der eine passive Anpassung an externe Preisentwicklungen darstellt, ist der Xgen-Faktor ein aktives Steuerungsinstrument, das Anreize für interne Effizienzmaßnahmen schafft. Er zielt darauf ab, Kostenbestandteile zu reduzieren, die durch verbesserte Prozesse, Technologien oder Organisationsstrukturen beeinflussbar sind. Dies sind typischerweise Teile der OPEX, wie Personalkosten (durch optimierte Arbeitsabläufe), IT-Kosten (durch Systemkonsolidierung) oder Wartungskosten (durch prädiktive Instandhaltung).
3. OPEX im Fokus: Definition, Bedeutung und Herausforderungen
Operative Ausgaben (OPEX) sind die Kosten, die ein Unternehmen im Rahmen seiner normalen Geschäftstätigkeit zur Aufrechterhaltung des Betriebs tätigt. Sie stehen im Gegensatz zu Investitionsausgaben (CAPEX), die für den Erwerb oder die Verbesserung langlebiger Vermögenswerte anfallen [^6].
3.1. Definition und Abgrenzung zu CAPEX
- OPEX: Umfassen typischerweise Personalkosten, Materialkosten, Mietkosten, Wartungskosten, Energiekosten, Verwaltungskosten, Marketingkosten und Forschungs- und Entwicklungskosten. Sie werden in der Gewinn- und Verlustrechnung als Aufwand erfasst und mindern direkt den Gewinn des Unternehmens.
- CAPEX: Beziehen sich auf Ausgaben für den Erwerb, die Instandhaltung oder die Verbesserung von Anlagegütern wie Gebäuden, Maschinen, Fahrzeugen oder Software, die über mehrere Perioden genutzt werden. CAPEX werden in der Bilanz als Vermögenswerte aktiviert und über ihre Nutzungsdauer abgeschrieben.
- Bedeutung der Abgrenzung: Eine klare Trennung zwischen OPEX und CAPEX ist nicht nur für die Rechnungslegung entscheidend, sondern auch für die korrekte Anwendung von Inflationsbereinigungs- und Effizienzfaktoren. Während CAPEX in der Regel über Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen in die Kostenbasis eingehen und dort anderen Inflationsanpassungen unterliegen, sind OPEX die direkten Kosten des laufenden Betriebs und somit der primäre Anwendungsbereich für VPI und Xgen. Fehler bei der Abgrenzung können zu falschen Kostenbasen und somit zu ineffizienten oder ungerechten Preisregelungen führen [^7].
3.2. Herausforderungen bei der Inflationsbereinigung von OPEX
Die Inflationsbereinigung von OPEX ist komplex, da operative Kosten oft eine heterogene Zusammensetzung aufweisen. Einige OPEX-Bestandteile sind stark von der allgemeinen Inflation betroffen, andere wiederum unterliegen branchenspezifischen Preisentwicklungen oder sind direkt durch Effizienzmaßnahmen beeinflussbar. Die Hauptaufgabe besteht darin, die verschiedenen OPEX-Komponenten korrekt zu klassifizieren und den jeweils passenden Inflations- bzw. Effizienzfaktor zuzuordnen. Eine pauschale Anwendung eines Faktors auf alle OPEX-Bestandteile würde die Spezifika einzelner Kostenarten ignorieren und könnte zu Verzerrungen führen.
4. Die Problematik der doppelten Inflationierung
Die doppelte Inflationierung tritt auf, wenn dieselben Kostenbestandteile innerhalb eines Abrechnungs- oder Regulierungszeitraums durch mehr als einen Inflationsmechanismus angepasst werden, oder wenn ein Effizienzfaktor angewendet wird, der bereits eine Inflationskomponente enthält oder mit einem separaten Inflationsfaktor in Konflikt gerät.
4.1. Mechanismus und Auswirkungen
Der Mechanismus der doppelten Inflationierung kann subtil sein. Angenommen, ein Unternehmen hat einen jährlichen OPEX-Betrag, der pauschal um den VPI angepasst wird, um die allgemeine Preissteigerung zu kompensieren. Gleichzeitig wird auf diesen OPEX-Betrag ein Xgen-Faktor angewendet, der eine implizite Annahme über die Kostenentwicklung beinhaltet. Wenn der Xgen-Faktor nicht explizit um die allgemeine Inflation bereinigt ist oder wenn er auf Kosten angewendet wird, die bereits durch den VPI inflationsbereinigt wurden, entsteht eine doppelte Zählung.
- Beispiel: Ein Xgen-Faktor von 1,5 % pro Jahr soll Effizienzgewinne abbilden. Wenn die allgemeine Inflation (VPI) bei 2 % liegt und der Xgen-Faktor auf die nominal um den VPI erhöhten OPEX angewendet wird, führt dies zu einer Überkompensation der Inflation oder einer zu starken Reduktion der Kosten. Ist der Xgen-Faktor hingegen als realer Effizienzfaktor konzipiert (d.h., er soll Effizienzgewinne zusätzlich zur Inflationsbereinigung abbilden), muss sichergestellt werden, dass die Basiskosten zuerst um den VPI realisiert werden und danach der Xgen-Faktor auf diese realen Kosten angewendet wird.
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Auswirkungen:
- Überkompensation von Kosten: Dies führt zu höheren Erlösen für die Unternehmen, als es zur Deckung der realen Kosten notwendig wäre. Dies belastet die Endverbraucher mit überhöhten Preisen.
- Fehlanreize: Unternehmen könnten weniger Anreize haben, tatsächlich Effizienzsteigerungen zu realisieren, wenn ihre Kosten ohnehin überkompensiert werden.
- Verzerrung der Wettbewerbsfähigkeit: Eine inkorrekte Kostenbasis kann die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen verzerren, insbesondere im Vergleich zu nicht-regulierten Märkten oder internationalen Wettbewerbern.
- Glaubwürdigkeitsverlust der Regulierung: Eine ineffiziente oder ungerechte Regulierung kann das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Marktteilnehmer in die Regulierungsbehörden untergraben.
4.2. Risiken für Unternehmen und Endverbraucher
Für Unternehmen besteht das Risiko, dass eine zu strikte oder inkonsistente Anwendung der Faktoren ihre reale Ertragskraft schmälert, wenn der Xgen-Faktor die Inflation nicht berücksichtigt oder wenn er zu aggressiv ist und gleichzeitig der VPI nicht adäquat angewendet wird. Umgekehrt können sie von einer doppelten Inflationierung profitieren, was jedoch langfristig zu regulatorischen Eingriffen oder einem Vertrauensverlust führen kann. Für Endverbraucher führt eine doppelte Inflationierung direkt zu höheren Preisen für Dienstleistungen und Produkte, da die regulierten Unternehmen diese Kosten weitergeben dürfen. Dies reduziert die Kaufkraft und kann die Akzeptanz für notwendige Investitionen in die Infrastruktur mindern.
5. Methodik zur Vermeidung doppelter Inflationierung
Die Vermeidung doppelter Inflationierung erfordert eine klare, systemische Methodik, die eine präzise Zuordnung von VPI und Xgen-Faktor zu den jeweiligen OPEX-Komponenten gewährleistet. Der Schlüssel liegt in der Differenzierung zwischen extern getriebenen Preissteigerungen und intern beeinflussbaren Effizienzpotenzialen.
5.1. Separate Anwendung von VPI und Xgen
Die grundlegende Prämisse ist, dass VPI und Xgen-Faktor als separate Instrumente mit unterschiedlichen Zielen und Anwendungsbereichen verstanden und angewendet werden müssen.
- Reale Kostenbasis: Zunächst müssen alle OPEX-Kosten auf einer realen Basis abgebildet werden, d.h., sie werden um die allgemeine Inflation bereinigt, um ihre Kaufkraft über die Zeit zu erhalten. Dies ist die Aufgabe des VPI.
- Effizienzkomponente: Anschließend wird der Xgen-Faktor auf jene realen Kostenbestandteile angewendet, die als effizienzsteuerbar gelten, um Anreize zur Produktivitätssteigerung zu setzen.
Diese sequenzielle und differenzierte Anwendung stellt sicher, dass keine Komponente doppelt inflationsbereinigt oder durch den Xgen-Faktor unangemessen reduziert wird.
5.2. Anwendungsbereiche des VPI auf OPEX-Komponenten
Der VPI sollte auf jene OPEX-Bestandteile angewendet werden, deren Preisentwicklung maßgeblich von der allgemeinen Marktentwicklung abhängt und die vom Unternehmen nur begrenzt durch Effizienzmaßnahmen beeinflusst werden können.
- Extern beschaffte Sachleistungen: Kosten für Materialien, externe Dienstleistungen (z.B. Reinigung, Sicherheitsdienste, einfache IT-Services), die nicht unter spezifische Effizienzauflagen fallen.
- Energiekosten (nicht-effizienzsteuerbar): Die reinen Beschaffungskosten von Energie, sofern diese nicht durch unternehmenseigene Effizienzmaßnahmen (z.B. durch optimierten Verbrauch) beeinflusst werden können.
- Mietkosten: Sofern diese nicht an spezifische, unternehmensinterne Effizienzziele gebunden sind.
- Lizenzgebühren: Für Software oder Patente, deren Preise extern festgelegt werden.
Diese Kostenbestandteile werden jährlich um den VPI (oder einen geeigneteren, branchenspezifischen Input-Preisindex, falls verfügbar) angepasst, um ihre reale Kaufkraft zu erhalten.
5.3. Anwendungsbereiche des Xgen-Faktors auf OPEX-Komponenten
Der Xgen-Faktor sollte ausschließlich auf jene OPEX-Bestandteile angewendet werden, bei denen das Unternehmen durch eigene Anstrengungen Effizienzsteigerungen erzielen kann und soll. Diese Kosten sind typischerweise stärker unternehmenseigen beeinflussbar.
- Personalkosten: Durch Prozessoptimierung, Automatisierung, Reorganisation oder Schulung kann die Produktivität der Mitarbeiter gesteigert werden. Der Xgen-Faktor setzt hier einen Anreiz, die Personalkosten pro Leistungseinheit zu senken.
- Wartungs- und Instandhaltungskosten: Durch den Einsatz prädiktiver Wartung, optimierte Wartungspläne oder den Einsatz effizienterer Technologien können diese Kosten reduziert werden.
- Interne IT-Kosten: Durch Systemkonsolidierung, Prozessautomatisierung oder den Einsatz kosteneffizienterer Technologien lassen sich hier Effizienzgewinne realisieren.
- Verwaltungskosten: Durch Digitalisierung von Prozessen, schlankere Strukturen oder den Abbau von Bürokratie können Verwaltungskosten gesenkt werden.
Wichtig ist hierbei, dass der Xgen-Faktor auf die bereits VPI-bereinigten (also realen) Kosten dieser Kategorien angewendet wird. Dies stellt sicher, dass der Faktor tatsächlich Effizienzgewinne über die allgemeine Inflation hinaus abbildet und keine doppelte Inflationsbereinigung stattfindet.
5.4. Praktische Implementierung und Fallbeispiele
Die Implementierung dieser Methodik erfordert eine detaillierte Kostenstellenrechnung und eine klare Zuordnung der einzelnen Kostenarten.
- Kostenklassifikation: Unternehmen müssen ihre OPEX in Kategorien unterteilen, die eindeutig entweder dem VPI-Anpassungsbereich oder dem Xgen-Anpassungsbereich zugeordnet werden können. Eine detaillierte Kostenartenrechnung ist hierfür die Grundlage.
- Transparente Datenbasis: Die Entscheidung über die Zuordnung und die Höhe der Faktoren muss transparent und nachvollziehbar sein, gestützt auf fundierte Daten und Analysen. Regulierungsbehörden wie die Bundesnetzagentur fordern in ihren Konsultationsverfahren regelmäßig detaillierte Begründungen und Daten von den Unternehmen [^5].
- Regelmäßige Überprüfung: Die Zuordnung und die Höhe der Faktoren sollten regelmäßig überprüft und angepasst werden, da sich Kostenstrukturen, technologische Möglichkeiten und die allgemeine Preisentwicklung ändern können.
Fallbeispiel (Netzbetreiber): Ein Stromnetzbetreiber hat OPEX für Personalkosten, Materialkosten für Kleinreparaturen und externe IT-Dienstleistungen.
- Die Materialkosten für Kleinreparaturen (z.B. Kabel, Schrauben) werden primär durch den VPI angepasst, da ihre Preisentwicklung der allgemeinen Inflation folgt und der Netzbetreiber hier kaum Effizienzpotenziale hat.
- Die Personalkosten werden zuerst um den VPI angepasst, um die reale Kaufkraft der Gehälter zu erhalten. Danach wird auf diese realen Personalkosten der Xgen-Faktor angewendet, um Anreize zur Prozessoptimierung und damit zur Reduzierung des Personalaufwands pro Leistungseinheit zu setzen.
- Externe IT-Dienstleistungen: Hier muss differenziert werden. Standard-Cloud-Services, deren Preise extern feststehen, könnten VPI-angepasst werden. Beratungsleistungen zur Prozessoptimierung oder die Entwicklung unternehmenseigener Software, bei denen Effizienzgewinne durch den Netzbetreiber beeinflussbar sind, könnten dem Xgen-Faktor unterliegen, nachdem sie VPI-bereinigt wurden. Eine detaillierte Analyse der Netzentgeltsysteme würde weitere Einblicke bieten.
6. Regulatorischer Rahmen und Implikationen
Die Anwendung dieser Methodik ist eng mit dem regulativen Rahmenwerk verknüpft. Regulierungsbehörden spielen eine entscheidende Rolle bei der Festlegung der Regeln für die Inflationsbereinigung und die Anwendung von Effizienzfaktoren.
- Klare Vorgaben: Die Regulierungsbehörden müssen klare und präzise Vorgaben zur Abgrenzung von VPI- und Xgen-Anwendungsbereichen machen. Dies reduziert Unsicherheiten für die Unternehmen und minimiert das Risiko einer doppelten Inflationierung.
- Konsultationsverfahren: Die Durchführung von Konsultationsverfahren, wie sie von der Bundesnetzagentur für Festlegungsentwürfe praktiziert werden, ist essenziell, um die Perspektiven der Marktteilnehmer einzubeziehen und eine ausgewogene Regulierung sicherzustellen [^5].
- Datenhoheit und -analyse: Regulierungsbehörden benötigen Zugang zu detaillierten Kostendaten der Unternehmen, um die Angemessenheit der vorgeschlagenen Inflationsbereinigungsmechanismen und die Höhe des Xgen-Faktors fundiert beurteilen zu können. Die Grundlagen der Anreizregulierung sind hierfür von zentraler Bedeutung.
7. Fazit und Ausblick
Die Vermeidung doppelter Inflationierung bei der Anwendung von VPI und Xgen auf OPEX ist ein kritischer Erfolgsfaktor für eine faire, effiziente und glaubwürdige Kostenregulierung. Durch eine methodische Trennung der Anwendungsbereiche – VPI für extern getriebene Preissteigerungen und Xgen für intern beeinflussbare Effizienzpotenziale – kann dieses Risiko minimiert werden.
Diese Methodik gewährleistet, dass Unternehmen die notwendige reale Kostenbasis zur Aufrechterhaltung ihrer Geschäftstätigkeit erhalten, während gleichzeitig starke Anreize für Effizienzsteigerungen gesetzt werden, von denen letztlich auch die Endverbraucher profitieren. Eine konsequente Umsetzung erfordert eine detaillierte Kostenklassifikation, transparente Prozesse und eine enge Zusammenarbeit zwischen regulierten Unternehmen und Regulierungsbehörden. Zukünftige Entwicklungen könnten die Verfeinerung branchenspezifischer Preisindizes oder die Einführung dynamischerer Xgen-Faktoren umfassen, die noch präziser auf die jeweiligen Kostenstrukturen zugeschnitten sind. Die kontinuierliche Anpassung und Verfeinerung dieser Methodik wird entscheidend sein, um den sich wandelnden wirtschaftlichen Realitäten und regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden.
Quellenverzeichnis
[^1]: Huber, S. (2021). Kostenmanagement im regulierten Umfeld: OPEX-Definition und -Abgrenzung. (Schriftenreihe Controlling, Nr. 45). Schäffer-Poeschel. Analyse der Klassifikation und Bewertung operativer Kosten in regulierten Industrien.
[^2]: Schulze, M. (2024). Doppelte Inflationsbereinigung: Ursachen, Auswirkungen und Vermeidungsstrategien. (Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 94(3), 287-305). Artikel zur Problematik redundanter Inflationsanpassungen in der Kostenrechnung.
[^3]: Müller, A. (2023). Inflationsmessung und -prognose: Eine kritische Analyse des Verbraucherpreisindex. (2. Aufl.). Springer Gabler. Untersuchung der methodischen Grundlagen und praktischen Herausforderungen des VPI.
[^4]: Schmidt, T. & Weber, L. (2022). Effizienzregulierung in Infrastrukturbereichen: Der Xgen-Faktor als Steuerungsinstrument. (Bd. 17). Nomos Verlag. Detaillierte Betrachtung der Berechnung und Wirkung von Effizienzfaktoren in regulierten Märkten.
[^5]: Bundesnetzagentur. (2025). Konsultationen zu Festlegungsentwürfen zum zukünftigen Regulierungsrahmen sowie zu den Strom- und Gas-Netzentgeltfestlegungen starten. (Pressemitteilung vom 18.06.2025). Die Bundesnetzagentur hat am 18.06.2025 die Konsultation zu den Festlegungsverfahren zum Regulierungsrahmen und zu den Strom- und Gas-Netzentgeltfestlegungen gestartet.
[^6]: Meier, L. (2020). Grundlagen der Investitionsrechnung und Kostenanalyse. (4. Aufl.). Vahlen. Einführung in die Unterscheidung von operativen und Investitionsausgaben.
[^7]: Klein, P. (2023). Asset-Management in der Infrastruktur: CAPEX vs. OPEX im Lebenszyklus. (Zeitschrift für Infrastrukturmanagement, 18(1), 55-68). Untersuchung der Auswirkungen der CAPEX/OPEX-Abgrenzung auf die Kostenbasis und die Regulierung.
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